Mischmodi in Procreate: Licht & Schatten meistern
Wer schon mal versucht hat, einer Zeichnung den letzten Schliff zu geben, weiß: Licht und Schatten können den Unterschied machen. Mit den richtigen Einstellungen wirken Illustrationen plötzlich plastisch, lebendig und richtig professionell.
Einer der unterschätztesten Tricks in Procreate? Mischmodi oder Blending Modes.
In diesem Artikel schauen wir uns an, wie du mit Mischmodi in Procreate gezielt Licht und Schatten erzeugst, welche Modi sich besonders gut eignen – und wie du diesen Trick direkt auf dein nächstes Projekt anwenden kannst. Inklusive einfachem Tutorial-Motiv für zwischendurch.
Was sind Mischmodi eigentlich?
Mischmodi (englisch: Blend Modes) bestimmen, wie eine Ebene mit der darunterliegenden interagiert. Je nach Modus werden Farben heller, dunkler, transparenter oder ändern ihre Wirkung komplett.
Du findest die Mischmodi in Procreate, indem du auf eine Ebene tippst und auf das kleine „N“ rechts klickst – das steht für "Normal". Hier öffnet sich eine Liste mit allen verfügbaren Modi.
Welche Blending Modes gibt es?
Wir können die unterschiedlichen Mischmodi einteilen in etwa 5 Kategorien: Etwas dunkler machen, etwas aufhellen, Kontrast hinzufügen, Farben umkehren und Farbeinstellungen.
Die unterschiedlichen Mischmodi erklärt:
Nicht jeder Modus ist für alles geeignet. Hier ein Überblick über die Favoriten:
Für Schatten:
Die Mischmodi eignen sich dafür Bereiche dunkler zu machen:
Multiplizieren (Multiply): Macht die Ebene dunkler und eignet sich perfekt für weiche Schatten. Als Schattenfarbe eignet sich ein Grau, Blau oder ein Lila. Das schöne bei Multiplizieren: Du kannst es für alle Schatten nutzen und einfach eine Farbe, eine Ebene und die Einstellungen Multiplizieren nutzen, anstatt den Schatten immer manuell zu setzen.
Abdunkeln: (Darken) Vergleicht die Farben der aktuellen und darunterliegenden Ebene und behält jeweils den dunkleren Farbwert bei. Wenn beide Farben gleich sind, passiert nichts – ideal für dezente Schatten.
Farbig nachbelichten: (Color Burn) Dieser Modus simuliert das Abdunkeln aus der klassischen Fotografie. Er erhöht den Kontrast zwischen Basis- und Mischfarbe, führt zu satteren Mitteltönen und reduziert die Lichter. Farbig nachbelichten erzeugt in der Regel ein dunkleres Ergebnis als Multiply.
Linear nachbelichten: (Linear Burn) Sorgt für intensivere, kontrastreichere Schatten als bei Multiplizieren. Das Ergebnis fällt meistens stärker und gesättigter aus, daher verwende ich es sehr gerne in meinen Illustrationen.
Dunklere Farbe: (Darker Color) Funktioniert ähnlich wie „Abdunkeln“, betrachtet jedoch nicht jeden RGB-Kanal einzeln, sondern das zusammengesetzte Gesamtbild aller Farbkanäle. Das kann zu anderen Ergebnissen führen – besonders bei komplexen Farbmischungen.
Für Licht:
Diese Mischmodi hellen die Farbbereiche auf. Du brauchst nur eine Farbe, um alle deine Highlights zu zeichnen. (helles Orange oder Gelb: So sehen deine Figuren aus, als würde sie draussen in der Sonne stehen.
Aufhellen (Lighten): Vergleicht die Farbwerte der Ebenen und behält den jeweils helleren Wert. Praktisch für sanfte Lichtverläufe und Reflexionen.
Negativ Multiplizieren (Screen): Invertiert beide Ebenen, multipliziert sie und invertiert das Ergebnis erneut. Klingt kompliziert, ist aber ideal für weiche, leuchtende Lichter und Highlights.
Farbig abwedeln (Color Dodge): Verstärkt die Helligkeit und Sättigung, besonders in mittleren Helligkeitsbereichen. Perfekt für starke Lichtakzente und magisch leuchtende Effekte.
Hinzufügen (Add): Addiert die Farbwerte beider Ebenen. Der Effekt ist sehr hell und intensiv – ideal für starke Glows, sollte aber sparsam eingesetzt werden.
Hellere Farbe (Lighter Color): Vergleicht die Helligkeit beider Ebenen als Gesamtwert und zeigt die hellere Farbe an. Ähnlich wie „Lighten“, aber auf die gesamte Farbe bezogen, nicht nur auf einzelne Kanäle.
Weitere interessante Mischmodi:
Ineinanderkopieren (Overlay): Kombiniert „Multiply“ und „Screen“: Dunkle Bereiche werden dunkler, helle Bereiche heller – ideal für Kontrasteffekte. Ineinanderkopieren ist besonders nützlich, wenn man Texturen in Illustrationen verwenden möchte! Leg einfach eine Texturebene auf ein Bild und verwende Ineinanderkopieren, um spannende Textur Effekte zu erstellen.
Weiches Licht (Soft Light): Eine subtilere Variante von Overlay, erzeugt sanfte Lichtverläufe. Toll für Lichtstimmungen oder weiche Glows.
Hartes Licht (Hard Light): Funktioniert wie eine Kombination aus „Multiply“ und „Add“. Das Ergebnis ist sehr kontrastreich und sollte mit Bedacht eingesetzt werden.
Differenz (Difference): Zieht die Farbwerte voneinander ab – ergibt oft extreme Farbeffekte. Kann für kreative Experimente interessant sein, aber schwer kontrollierbar.
Ausschluss (Exclusion): Ähnlich wie „Difference“, aber mit weniger Kontrast. Eignet sich für experimentelle Farbspiele.
Farbton, Sättigung, Farbe, Helligkeit: Diese Modi beeinflussen gezielt bestimmte Eigenschaften der Farbe. Du kannst z. B. nur den Farbton ändern, ohne Helligkeit oder Struktur zu beeinflussen – ideal für Farbkorrekturen oder sanfte Anpassungen.
Diese Aufzählung kann erst einmal sehr verwirrend sein. Viele der Mischmodi nutze ich persönlich nie. Ich nutze meistens: Negativ Multiplizieren, Multiplizieren und Ineinanderkopieren.
Probier dich einfach ein wenig durch die unterschiedlichen Einstellungen und finde heraus, was sich für DICH am besten eignet.
Praktische Anwendungsbereiche bekommst du aber natürlich auch hier im Blogartikel! Weiter gehts. :-)
So funktioniert’s - Die besten Mischmodi für Licht und Schatten:
Vorbereitung:
Zeichne dein Wunschmotiv (in unserem Fall eine Tasse).
Lege für Licht und Schatten je eine neue Ebene über deiner Zeichnung an.
Stelle die jeweilige Ebene auf den gewünschten Mischmodus (z. B. Multiplizieren für Schatten, Negativ Multiplizieren für Licht).
Schatten:
Wähle einen kalten, gedämpften Ton (z. B. dunkelblau, lila oder grau).
Nutze einen weichen Pinsel wie den Airbrush.
Male auf der Schattenebene gezielt in die Bereiche, die kein direktes Licht abbekommen.
Licht:
Nutze einen warmen, hellen Farbton (z. B. gelblich oder weiß).
Auch hier eignet sich ein weicher Pinsel.
Setze Highlights dort, wo Licht direkt auftrifft: Kanten, Reflektionen, Lichtquellen.
Pro-Tipp: Reduziere die Deckkraft deiner Licht- oder Schattenebene, wenn der Effekt zu stark ist.
Richtig einfach ist das, wenn du mit zwei Fingern auf eine Ebene tippst. Mit dem Regler oben, kannst du die Deckkraft der Ebene steuern.
Mini-Tutorial: Leuchtende Tasse Kaffee
Ein einfaches Motiv zum Üben: eine kleine Kaffeetasse.
Noch einmal Schritt für Schritt:
Schritt 1
Schritt 2
Schritt 3
Zeichne eine Tasse und füge auf einer neuen Ebene den dunkleren Innenteil ein, sowie den Bereich für den Kaffee auf einer Clipping Maske.
Erstelle eine neue Ebene über der Tasse für den Schatten (Linear nachbelichten). Male z. B. unter dem Henkel und an der Rückwand.
Neue Ebene für das Licht (Hinzufügen). Male ein warmes Licht an den linken Rand der Tasse. Mit einem weichen, großen Brush kannst du außenherum einen Lichtschein andeuten.
Spiele mit der Deckkraft der Ebenen und den Farben der Tassen, bis alles stimmig wirkt.
Dieses einfache Motiv hilft dir, das Zusammenspiel von Hell-Dunkel richtig gut zu verstehen – und du kannst es jederzeit kreativ erweitern.
Häufige Fehler beim Arbeiten mit Mischmodi
Falsche Farbwahl: Ein zu bunter Schatten wirkt oft "dreckig". Lieber gedeckte Farben verwenden.
Zu starke Deckkraft: Licht und Schatten sollen ergänzen, nicht überlagern. Stell die Deckkraft der Schatteneben gerne möglichst gering ein.
Alles auf einer Ebene: Mischmodi wirken nur richtig, wenn du sie auf separaten Ebenen einsetzt.
Fazit: Kleine Einstellung, großer Effekt
Mischmodi sind keine Magie, aber fast. :-) Mit ein paar Klicks kannst du deiner Illustration Tiefe, Licht und Stimmung geben – und das mit wenig Aufwand. Besonders für Licht- und Schatteneffekte sind sie ein unschlagbares Werkzeug.
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Viel Spaß beim Ausprobieren!
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